Impressionen aus Usbekistan

Usbekistan im Mai 2019

Eigentlich hätte ich ja nie im Leben gedacht, dass ich mal auf dem Registan in Samarkand eine Runde würde drehen können – zu exotisch und entfernt erschien mir Usbekistan als Reiseland. Und doch entdeckte ich als etwas bequem gewordener End-Fünfziger im Angebot meines bevorzugten Reise-Veranstalters eine Usbekistan-Rundreise, die ich mir zutraute und so habe ich relativ kurzentschlossen eine Rundreise nach Taschkent, ins Fergana-Tal, nach Samarkand, Buchara, Chiva und Nukus im Mai 2019 gebucht und um der selbstempfundenen Waghalsigkeit die Krone aufzusetzen auch noch mit einem Ausflug nach Pendschikent in Tadschikistan.

Mal davon abgesehen, dass es für den Usbeken als solchen offenbar vollkommen unverständlich zu sein scheint, dass jemand Postkarten schreibt und nach Hause schickt und diese deshalb auch nur zufällig ihren Adressaten erreichen, war diese Reise das spannendste und schönste, was ich in den vergangenen Jahrzehnten erleben durfte. Das hat sicherlich damit zu tun, dass Usbekistan seit seiner Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 unter dem Ministerpräsidenten Islom Karimov bis 2016 sehr wenig wert darauf gelegt hat, Touristen ins Land zu locken. Als einziges Land außer Lichtenstein ist Usbekistan ein doppelter Binnenstaat, also auch keines seiner Nachbarländer besitzt einen Zugang zu den Weltmeeren, was das Land auch nicht unbedingt in den Fokus des internationalen Tourismus bringt. Dafür ist es Karimov gelungen, den Wohlstand, der sich für Usbekistan daraus ergibt, dass es eines der wichtigsten Erdgasförderländer der Welt ist, relativ gleichmäßig über die Regionen des Landes zu verteilen. Dies hatte zum Ergebnis, dass der Wohlstand der Usbeken, die in den Nachbarländern im Ruf stehen, sehr geschäftstüchtig zu sein, langsam aber stetig im ganzen Land gewachsen ist und so die politische Situation im säkular-islamischen Land Usbekistan ausgesprochen stabil ist. Allerdings auch um den Preis, dass Menschenrechts-NGOs über Usbekistan keinesfalls nur Loblieder singen – doch zu dieser Thematik Stellung zu beziehen ist man als umsorgter Pauschaltourist sicher nicht berufen.
Seit dem Tod Karimovs und der Wahl Shavkat Mirziyoyevs im Jahre 2016 scheint aber eine Öffnung des Landes für ausländische Gäste vollzogen zu werden und so kommt der Tourist in ein Land, in dem er neugierig und zuvorkommend begrüßt wird. Die Usbeken machen den Eindruck, als seien sie voll Verständnis dafür, dass so ein Wicht aus der Ferne in ihr Land kommen will, um ihre Sehenswürdigkeiten und ihr virtuoses Kunsthandwerk, worauf sie sehr stolz zu sein scheinen, zu bestaunen.
Als Tourist erlebt man auch ein Land, in dem Supermärkte oder Discounter so exotisch sind wie asiatische Bazare in Mitteleuropa und ist überwältigt von der Freundlichkeit und der Herzlichkeit, mit der die Usbeken dem Fremden begegnen.
Fazit: Es gab wohl keinen besseren Zeitpunkt, Usbekistan zu bereisen als im Jahr 2019, denn man sieht in Chiva schon, dass dort der Tourismus demnächst der Hauptwirtschaftszweig sein wird und in Buchara sind die Baustellen für Hotelneubauten schon eingerichtet – natürlich nicht zu unrecht, denn Veranstaltungen wie „Silk and Spices“ dürften in der Modewelt viel mehr Beachtung verdienen.
Noch ein Wort zum Ausflug nach Pendschikent, Tadschikistan: Würde ich auf die 40 und nicht schon auf die 60 zugehen, wäre eine Reise über den Pamir Highway von Osch in Kirgisien in die tadschikische Hauptstadt Duschanbe mein innigster Reisewunsch. Tadschikistan ist für den gesetzten Pauschaltouristen derzeit noch nicht erreichbar. Nur mehr oder weniger individuell Reisende mit geringen Komfort-Ansprüchen und einer robusten Verdauung dürfte eine Reise dorthin empfohlen werden – der Preis wäre dafür Orient pur, sowohl was die Menschen, als auch was Natur und Landschaft angeht.