Marokko

Marokko im Oktober 2019

Tja, Marokko – eigentlich war es hauptsächlich der Wunsch, die Wüste Sahara zu erleben, der mich auf die Idee brachte, eine Rundreise in Marokko zu unternehmen und so ging es im Oktober von Frankfurt über Casablanca nach Marakesch und damit gleich an einen Ort, von dem man vieles gehört hat, der aber in Nichts den Vorstellungen entspricht, die ich davon hatte. Die Menschen in Marokko sind Touristen gewohnt und sehr schnell wird einem deutlich gemacht, dass man mit dem Foto-Apparat vorsichtig sein muss. Niemand scheint dort gerne fotografiert zu werden und es sollte selbstverständlich sein, das zu respektieren – trotzdem schämt man sich dann und wann für Mitreisende, denen es ein besonderer Reiz zu sein scheint, genau diesen Respekt missen zu lassen. In Marakesch selbst ist der Platz der Gaukler selbstverständlich die große Attraktion und man könnte dort vermutlich Tage zubringen, ohne, dass es langweilig werden würde. Empfehlenswert ist natürlich auch der Besuch einer traditionellen Apotheke – wenn man den Versprechungen des Apothekers glauben will, muss man sich fragen, wie es sein kann, dass Menschen trotz seiner Ölchen und Sälbchen Falten oder Gelenkschmerzen bekommen können. Nicht direkt in Marakesch, aber in der näheren Umgebung befindet sich der Garten Anima des begnadeten Inszenierers André Heller – auf einen Besuch dieses Garten zu verzichten sollte jeden reuen, der dies tut. Insgesamt gilt für alle Städte Marokkos, dass man auf einen Besuch der traditionellen Souks in keiner Stadt verzichten sollte, gerade in Marakesch, aber auch ganz besonders in Fes ist dort traditionelles Kunsthandwerk vom Feinsten zu bestaunen und zu erwerben – Metallarbeiten, Wollenes oder Ledernes wird dort von höchster Qualität erzeugt – aber auch Importware von zweifelhafter Qualität gehandelt – man muss eben schauen….

Unbedingt angeraten ist auch, die eine oder andere traditionelle aus Lehm gebaute Kasbah zu besuchen. Man kommt da aus dem staunen nicht mehr heraus, welch luxuriöses Leben noch vor etwa einer Generation in diesen Familienburgen geführt wurde – ich konnte die verfallende Kasbah Telouet im hohen Atlas und die sanierte Kasbah Amerihidil bei Skoura in der Region Ouarzazate bewundern. Das historische Dorf Ait-Ben-Haddou besteht vollständig aus Lehmbauten, dient aber mittlerweile wohl ausschließlich als Filmkulisse und Touristen-Attraktion. Überhaupt hat man den Eindruck, dass die Stadt Ouarzazate eines der Zentren des internationalen Filmschaffens ist – unzählige erfolgreiche Filme, in denen der Orient oder steppenhafte Landschaften eine Rolle spielen, scheinen dort gedreht worden zu sein und selbst die Kreisverkehre in dieser Stadt zitieren Filme, die in der Region entstanden sind.

Der Agrar-ingenieur, der ich eben bin, ist dann mit großer Begeisterung durch die ausschließlich von Hand oder mit dem Esel bewirtschaftete Oase Tenhir spaziert. In kleiner Struktur werden Mais und diverse Gemüse-Kulturen angebaut, tragende Säule der Fruchtfolgen dort ist aber die Luzerne als Stickstoff-sammelnde Leguminose. All dies natürlich in einer Art Unterkultur unter Dattelpalmen, Oliven und Granatäpfeln – und das tolle war: grade, als ich die Oase besuchte, war die Ernte der Datteln in vollem Gange. Waghalsige junge Männer steigen auf die 8 – 10m hohen Palmen und schneiden die schweren Fruchtstände ab, die dann zu Boden fallen und dort zupfen dann die Altvorderen oder hilfreiche Geister die Früchte zum Abtransport in Körbe. Später konnte ich noch auf einem Markt die unglaubliche Vielzahl an Dattelsorten, die in Anbau und Verkauf waren, bestaunen.
Sahara – oder besser Sandwüste - gab es dann am Erg Chebbi, einer wenige km² großen Dünen-Landschaft, die es vermutlich einer ganzen Region erlaubt auf die eine oder andere Art und Weise aus dem Tourismus Verdienst zu schöpfen. – Ich selbst beneidete die Berber, die Touristen um die Dünen chauffierten um ihre Landcruiser…..
Je weiter man in Marokko nach Norden kommt, desto agrarischer wird die Landschaft – ganze Landstriche werden für den Anbau von Äpfeln genutzt, aber auch Getreide, Oliven und Mais werden verbreitet angebaut – leider war meine Anwesenheit nach der Ernte der Feldfrüchte. Interessant für mich war aber, Agaven in langen Reihen für die Gewinnung von Sisal zu sehen – ich selbst habe mich in meiner Wohnung ja gegen Wollteppiche und für Bodenbeläge aus Sisal oder Kokosfaser entschieden, weil man nur so darauf verzichten kann, sich hochproblematische Insektizide als Ausrüstung gegen Mottenbefall in die Wohnung zu holen.
Rabat und Casablanca waren dann urban geprägte Küstenstädte von vollständig anderem Reiz als dem, den ich bisher in Marokko erleben konnte. Man spürt in Rabat die Existenz königlichen Familie und man sieht diese, da man immer wieder an Bereichen vorbeikommt, die im Besitz der königlichen Familie sind und entsprechend scharf bewacht werden. Die Kasbah Oudaiah oberhalb der Atlantik-Küste in Rabat lohnt mit ihren blau-weiß gestrichenen Häuser einen Spaziergang – auch wenn ich selbst ob der olfaktorisch nicht zu überriechenden Präsenz einer deutlich zu hohen Katzen-Population die Nase rümpfen musste. Casablanca nun – die Stadt, in der ich unweigerlich Humphrey Bogart erinnern musste - scheint das sehr vital schlagende Herz Marokkos zu sein auch wenn manche Fassade aus Zeiten der französischen Kolonial-Herrschaft den Eindruck einer Comic-Kulisse macht, genauso wie so manches der strikt Männern vorbehaltenen Cafés, in denen man zum Kaffee wie selbstverständlich ein Glas Wasser und eine Zigarette gereicht bekommt – was mir mit großem Bedauern in Erinnerung rief, dass mich gesundheitliche Gründe im August 2018 dazu zwangen, dem Tabak zu entsagen.

Fazit: Es könnte sein, dass mich Marokko – vor Allem die Atlantik-Küste jenseits der Städte – noch einmal sehen werden, das Land ist touristisch in einem Maße erschlossen, dass ich mir auch in noch greisenhafterem Alter einen Urlaub dort vorstellen kann.